Pflichtenheft als Grundlage

Die Qualitätsbeurteilung basiert bei den verschiedenen Sortenkäsen auf den Bestimmungen ihres jeweiligen Pflichtenhefts. Diese können von Sorte zu Sorte voneinander abweichen, da nicht jeder Käse die gleichen Voraussetzungen erfüllen muss (z.B. sind nicht bei allen Käsesorten grosse Löcher erwünscht). Grundsätzlich werden aber immer folgende Kriterien beurteilt: Äusseres, Lochung, Teig (bei Raclette zusätzlich die Schmelzfähigkeit) und Geschmack/Aroma.

Die Auswahl

Die meisten Käse werden nach einer kurzen Reifezeit in der Käserei in die Keller der Handelsfirmen gebracht um dort – gut gepflegt durch die Affineure – zu ihrem vollen Genuss heranzureifen. Der Käser oder die Käserin legt im Keller bereits fest, welche Laibe verkauft werden sollen, und testet deren Qualität im Voraus. Dabei orientieren sie sich am Pflichtenheft.

Im Keller verbleiben die Laibe, die noch Zeit haben zu reifen oder solche welche anderweitig verkauft werden (z.B. im eigenen Käselädeli).

Qualitätsbeurteilung durch den Handel

Bei Ankunft der Käse in der Handelsfirma will auch der Einkäufer genau wissen, welche Qualität der soeben erworbene Käse aufweist. Er nimmt also selber eine erste Qualitätsbeurteilung – eine sogenannte Taxation – vor.

Affineur:in

Ein:e Affineur:in ist ein:e Spezialist:in auf dem Gebiet der Käseveredelung. Der Begriff stammt aus dem Französischen und leitet sich vom Verb «affiner» ab, was so viel wie verfeinern bedeutet. Unter Affinieren versteht man die Pflege der Käse bis zum optimalen Reifepunkt.

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Qualitätsbeurteilung durch die Kontrollkommission

Die Kontrollkommission

Bevor der Käse in den Verkauf gelangt, steht die Taxation durch die Kontrollkommission an. Diese setzt sich wie folgt zusammen:

  • 1 Vertreter:in der Sortenorganisation
  • 1 Vertreter:in der Käser:innen oder Milchproduzent:innen
  • 1 Vertreter:in der Handelsfirma

Das Ergebnis dieser Kontrolle entscheidet darüber, was mit dem Käse passieren wird.

18 bis 20 Punkte 

Wir wissen bereits, dass die Laibe nach vier Taxationskriterien beurteilt werden: Äusseres, Lochung, Teig (bei Raclette zusätzlich die Schmelzfähigkeit) und Geschmack/Aroma. Zu jedem Kriterium können maximal 5 Punkte vergeben werden, was zu einer maximalen Punktzahl von 20 führt. Damit ein Käse zur Klasse 1 – sogenannte Tafelware – gehört, muss er mindestens 18 Punkte erreichen und darf bei keinem Kriterium weniger als 4 Punkte aufweisen. Nur dann darf er den Markennamen tragen, z.B. Emmentaler AOP oder Le Gruyère AOP, Appenzeller ® und verkauft werden.

16,5 bis 17,5 Punkte

Erreicht der Käse zwischen 16,5 und 17,5 Punkten, weist er eine sogenannte Qualität der Klasse 1B oder – je nach Sorte – 2A auf. Was mit diesen Käsen passiert, ist von Sorte zu Sorte unterschiedlich. Beim Emmentaler AOP darf diese Ware z.B. im Schmelzwerk zu Schmelzkäse verarbeitet werden. Auf der Verpackung darf die Bezeichnung Emmentaler AOP noch verwendet werden.

Ein Raclette du Valais AOP der Qualität 1B darf zu Fondue- oder Reibkäsemischungen weiterverarbeitet werden und den Namen auf der Etikette tragen.

Unter 16,5 Punkten 

Erreicht der Käse weniger als 16,5 Punkte wird er der Qualitätsstufe 2 – oder je nach Sorte 2B - zugeordnet. Dieser Käse kann auch zu Schmelzware verarbeitet werden, darf aber keinen Markennamen mehr tragen.

Weist der Käse tatsächlich gravierende Fehler auf wird er deklassiert und kann nicht mehr verzehrt werden.

Stichproben

Für die Taxation trifft sich die Kontrollkommission im Lager der Handelsfirma, welche die Käse affiniert. Es wird immer die ganze Charge/Monatsproduktion einer Käserei beurteilt. Die Handelsfirma ist dafür verantwortlich, dass zum Taxationstermin die Charge gut zugänglich und komplett bereitsteht. Es wird ausreichend Licht und Raum benötigt. Das Kontrollkomitee kann bereits beim ersten Eindruck einiges beurteilen: Ist die Charge vollständig vorhanden? Sind die Käselaibe gleichmässig in Form und Farbe? Danach beginnt die eigentliche Taxierung. Dabei werden die Käse stichprobenartig angeschaut und beurteilt. Die Stichprobe muss so aufgebaut sein, dass eine regelmässige Abdeckung über die ganze Charge gewährleistet ist. Dabei wird darauf geachtet, dass nicht nochmal die gleichen Laibe beurteilt werden, die bei der Wareneingangskontrolle durch den Handel bereits geprüft wurden, sondern andere. So wird sichergestellt, dass möglichst viele Käselaibe angeschaut wurden, bevor sie in den Verkauf gelangen.

Die Rekursmöglichkeit

Nach der Taxation wird die erreichte Punktzahl innert kürzester Frist dem Käser oder der Käserin mitgeteilt. Sollte er oder sie nicht einverstanden sein, kann Rekurs eingelegt werden. Dann werden die die Käse mit einer noch engmaschigeren Stichprobe durch ein erweitertes Komitee erneut beurteilt.

Good to know

  • Wann wird taxiert?
    Der Zeitpunkt richtet sich bei jeder Sorte nach einem festen Schema, so dass die Käse das richtige Alter für die Verkaufsfreigabe haben.
  • Braucht es eine sensorische Ausbildung, um taxieren zu können?
    Das Komitee setzt sich aus erfahrenen Personen zusammen welche z.B. während ihrer Ausbildung zum Milchtechnologen oder zur Milchtechnologin auch eine sensorische Ausbildung genossen haben. Zudem bietet Agroscope immer auch Weiterbildungen zum Thema an.
  • Hat die Taxierung Einfluss auf den Preis des Käses?
    Ja. Für höher klassierte Käse bekommt der Käser/die Käserin einen besseren Preis. Wer zudem qualitativ sehr hochstehenden Käse produziert, bekommt allenfalls von der Sortenorganisation auch einen sogenannten Mengenbonus und darf mehr produzieren.
  • Ist der Unterschied zwischen einem Käse mit 18 Punkten und einem Käse mit 20 Punkten erkennbar?
    Kenner:innen können einen feinen Unterschied feststellen. Zwischen 19 und 20 Punkten ist auch für versierte Personen kaum noch ein Unterschied festzustellen.
  • Ist sich das Kontrollkomitee immer einig?
    Meistens ja. Diskussionsspielraum lässt höchstens das Kriterium “Geschmack”. Sind sich die Expert:innen hier nicht einig, geht es maximal um einen halben Punkt. Gemeinsam wird diskutiert und beschlossen, ob der Käse diesen verdient oder nicht.

Taxierung